Elf neue Stolpersteine in Göttingen
Gedenken an die jüdischen Opfer der Nazis
Über 150 Menschen – von jung bis alt – trafen sich am Freitag, den 12. Februar 2016 in der Göttinger Innenstadt. Sie begleiteten den Kölner Künstler Gunter Demnig, der an drei Stellen insgesamt 11 Stolpersteine für jüdische Opfer der Nazis verlegte.
In der Roten Straße 16 wurde der Familie Rosa und Siegfried Meyerstein gedacht, die in diesem Hause von 1917 bis zu ihrer Vertreibung und Ermordung 1941/42 wohnte. Schülerinnen und Schüler des Theodor-Heuss-Gymnasiums (THG) stellten die Familienmitglieder vor. Für die Stolpersteine für den 20jährigen Herbert, Sohn der Familie, und die Schwägerin von Rosa Meyerstein, Johanna Gans übernahmen sie die Patenschaft.
Schülerinnen und Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums haben sich mit dem Leben und Schicksal der Familie Paula und Hugo Meyerstein beschäftigt. Während Gunter Demnig vier Stolpersteine verlegte, berichteten die Schüler an der Oberen Masch 10, wie kompliziert das Leben für die Meyersteins war: finanzielle Probleme waren Dauerthema bei ihnen zuhause. Die Patenschaft für den Stolperstein für den 14jährigen Georg Meyerstein, der wie sein Vater 1942 in Auschwitz ermordet wurde, übernahmen die Schüler. Paula Meyerstein wurde wie ihr zweiter Sohn Ludwig im Ghetto Warschau umgebracht.
Im Haus Obere Masch 10, das der Jüdischen Gemeinde gehörte, wohnten auch Fanny und Caesar Asser. 70jährig wurden beide über das Sammellager Hannover-Ahlem nach Theresienstadt verschleppt, wo sie 1943 umkamen. Zwei Stolpersteine erinnern jetzt an unsere jüdischen Mitbürger.
Caty und Frits Kaufmann waren aus den Niederlanden gekommen, um die Stolpersteinverlegung für ihre Großmutter Else Kaufmann an der Weender Landstraße 5 b mitzuerleben. In einer bewegenden Rede zeigte Frits Kaufmann Bilder seiner Großmutter, die 1942 zusammen mit den letzten verbliebenen Göttinger Juden nach Theresienstadt deportiert worden war und dort 1943 starb. Er warb dafür, dem Gedenken an die Untaten der Nationalsozialisten Raum zu geben und unsere Geschichte nicht zu vergessen.
Musikalisch umrahmten eine Schülerin und ein Schüler des THG die Verlegungen.
Auch im kommenden Jahr sollen Stolpersteine in Göttingen in das Straßenpflaster eingelassen werden, um dezentral in der Stadt der vertriebenen und ermordeten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger vor ihren ehemaligen Wohn- und Arbeitsstätten zu gedenken. Verantwortlich für das Stolpersteinprojekt in Göttingen ist die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V., die dabei mit dem Geschichtsverein und der Stadt kooperiert.
Heiner J. Willen