Museum Friedland als Buch

Großformatige Fotos gleich zu Beginn: im Zeitraffer ziehen sie in das Buch und in die wechselvolle Geschichte des Grenzdurchgangslagers. Als Bildtext genügt jeweils eine Jahreszahl, so sehr sprechen die Bilder für sich.

Erklärtes Ziel der Herausgeber – und gleichzeitig des Museums – ist es, beim Thema Migration jeglicher „Panikmache“ etwas entgegenzusetzen. Joachim Baur und Lorraine Bluche wollen „einen kritischen und differenzierten Blick auf Geschichte und Gegenwart von Migration in der Bundesrepublik“ bieten. Neun Textbeiträge und zahlreiche Fotos helfen, nicht nur die Ausstellung, sondern das Grenzdurchgangslager als solches zu verstehen. Die klare Sprache, die die Ereignisse im Rückblick auch einordnet, ist sehr passend gewählt.

Kritische Anmerkungen formuliert Joachim Baur zu einem Foto, das auch den langjährigen katholischen Lagerpfarrer Josef Krahé zeigt. Auf dem Bild begrüßt er freundlich einige Niederländer, obwohl Krahé bekannt sein musste, dass sie im Krieg einer SS-Truppe angehörten. Überhaupt scheint die Rolle von Kirche und Wohlfahrtsverbänden bisher nur am Rande gewürdigt, im Buch wie in der Ausstellung.

Besonders aufschlussreich liest sich der Beitrag von Lorraine Bluche über Geflüchtete in den 1970er und 1980er Jahren. Er spiegelt die sich ändernde Asyl-Gesetzgebung wider und die Entwicklung des Lagers hin zu einer regulären Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende im Jahr 2011.

Die Beschreibungen der ausgestellten Stücke können einen Besuch im Museum zwar nicht ersetzen. Der Begleitband schafft aber eine wunderbare Ergänzung und erklärt zudem das Konzept der einzelnen Ausstellungsräume. Historische wie aktuelle Fotos entfalten ihre eigene Erzählkraft. Ein gelungener Begleitband, ein „Museum zum Mitnehmen“.

Johannes Broermann

• Fluchtpunkt Friedland: Über das Grenzdurchgangslager, 1945 bis heute
  Herausgegeben von Joachim Baur und Lorraine Bluche
  Wallstein Verlag, Göttingen
  232 Seiten, 116 Abbildungen, 24,90 Euro
  ISBN: 978-3-8353-3012-2