Reformationsausstellung im Stadtmuseum
In Göttingen setzt sich 1529 innerhalb kurzer Zeit die Reformation durch. Eine Sonderausstellung im Stadtmuseum beleuchtet das Ereignis.
Der „Englische Schweiß“ wütet 1529 in Europa, zahlreiche Menschen sterben an der Seuche. Da beschließt der Göttinger Stadtrat, bei einer Prozession um Schutz und Gottes Hilfe zu beten. So ziehen am 24. August die Bürger von Kirche zu Kirche.
Doch plötzlich kommt es zu einem Tumult: Eine Gruppe um die „Neuen Wollenweber“ beginnt lauthals, ein Kirchenlied Martin Luthers auf Deutsch zu singen. Die Wollenweber waren gut 40 Jahre zuvor wegen ihrer handwerklichen Fähigkeiten angeworben worden. Allerdings blieben sie rechtlich und sozial benachteiligt.
Wollenweber ersingen „neuen Glauben“
Im weiteren Verlauf versucht die Gruppe mehrfach, die Prozession zu stören und wird wohl erst durch ein alles übertönendes Orgelspiel in der Paulinerkirche gestoppt. Dennoch setzt sich innerhalb weniger Wochen die Reformation durch, immerhin ohne gewaltsame Ausschreitungen. Im Oktober wird der erste Gottesdienst nach „neuem Glauben“ gefeiert, wieder in der Paulinerkirche.
Das Ereignis und seine Folgen stehen im Mittelpunkt einer Sonderausstellung im Stadtmuseum. Auf einem leuchtenden Stadtplan kann der Prozessionsweg nachvollzogen werden. Zu sehen sind bisher noch nie gezeigte Objekte, wie die neue Kirchenordnung aus dem Jahr 1531 mit einem Vorwort Luthers. Zu den Ausstellungsstücken gehört auch ein Bierkrug mit Luther und Melanchthon. Sein Besitzer konnte so ein öffentliches Bekenntnis zur neuen Lehre ablegen.
Auch die politischen, kulturellen und religiösen Bedingungen, unter denen die Menschen damals handelten, werden thematisiert. Dafür wurde die ständige Sammlung zur Kirchenkunst in ein neues Licht gesetzt. Expertenstimmen erläutern an Audiostationen einzelne Stücke. Wertvolle sakrale Objekte wie Kelche zeugen vom Denken und Handeln der Menschen - vor und nach der Reformation.
- Zu sehen ist „1529. Aufruhr und Umbruch“ bis 31. Dezember dienstags bis freitags zwischen 10 und 17 Uhr sowie samstags und sonntags zwischen 11 und 17 Uhr im Stadtmuseum Göttingen (Ritterplan 7/8). Der Eintritt kostet 5 Euro. Vom 9. September bis 19. Oktober zeigt das Museum zusätzlich die Wanderausstellung „Lutherbilder aus sechs Jahrhunderten“ als Leihgabe der Evangelischen Kirche für Hessen und Nassau.
Johannes Broermann