Automatische Orgel bereichert Gottesdienst
Nach gut eineinhalb Jahren „Musik wie von Geisterhand“ positives Fazit
Eine kaputte Orgel und fehlende Organisten ließen die Gemeinde St. Hedwig und Adelheid in eine Selbstspielorgel investieren.
Im Frühjahr 2015 machte die Gemeinde St. Hedwig und Adelheid Schlagzeilen: über die neue „Karaoke-Orgel“ schrieben nicht nur lokale Medien, auch überregionale Magazine und Zeitungen berichteten. Sogar ein TV-Team kam für Dreharbeiten nach Adelebsen am Rand des Sollings. Die Anschaffung hat rund 13.000 Euro gekostet. Nach gut eineinhalb Jahren „Musik wie von Geisterhand“ zieht der Pfarrgemeinderatsvorsitzende Dr. Michael Uhrmacher ein positives Fazit.
Haben Sie die bundesweite Berichterstattung erwartet?
Überhaupt nicht. Mittlerweile kommen aber immer wieder Leute, die sich die Orgel zeigen lassen wollen.
Wie fühlt es sich an, zur Musik eines Automaten zu singen?
Die ganze Gemeinde empfindet die neue Orgel als große Bereicherung der Gottesdienste. Wir haben uns gut daran gewöhnt. Vielleicht lässt sich dadurch jemand vom Orgelspiel begeistern und probiert es selbst aus. Das Instrument kann auch ganz normal über die Tasten gespielt werden.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine automatische Orgel anzuschaffen?
Wir haben seit dem Tod der langjährigen Organistin etwa sieben Jahre recht gut „a capella“ gesungen, aber neue Lieder konnten kaum eingeführt werden. Ein schöner Gesang gehört zum Gottesdienst, denn wer singt, betet doppelt. Negativ formuliert: wenn das Singen nicht klappt, sind die Gläubigen enttäuscht und kommen seltener.
Warum gab es keinen neuen Organisten?
In Göttingen gibt es zwar Organisten, die wir auch ab und zu aufs Land locken konnten, aber es sind rund 40 Kilometer Fahrt. Zudem war die alte Orgel reparaturbedürftig. Der Anreiz hier zu spielen war gering.
Wie haben Sie die neue Orgel ausgesucht?
Zunächst haben wir uns über existierende Lösungen informiert. Da ging es um die Art der Bedienung und um die Kosten. Es zeigte sich, dass eine elektronische Kirchenorgel sehr einfach in eine Selbstspielorgel umgewandelt werden kann – im Gegensatz zu abenteuerlichen mechanischen Konstruktionen bei Pfeifenorgeln. Bei vielen Systemen müssen allerdings alle Lieder und Strophen für den geplanten Gottesdienst schon zu Hause am Computer vorprogrammiert werden. So ein starres System wollten wir nicht.
Wie funktioniert das Gerät bei Ihnen?
Wir haben ein System gefunden, bei dem auf einer mobilen Tastatur Liednummer und Strophenanzahl eingegeben werden. Dann wird das Lied mit Vorspiel abgespielt, sogar Geschwindigkeit und Lautstärke lassen sich während des Spiels an den Gemeindegesang anpassen. Dabei wird die Lautstärke nicht wie am Radio verstellt, sondern die Orgel wählt für die nächste Strophe eine andere Registrierung, wie es auch ein Organist tun würde.
Wer bedient die Orgel?
Bei uns ist immer jemand aus der Gemeinde zuständig, aber das könnte auch der Priester übernehmen. Die Bedienung kann von überall in der Kirche geschehen, so sind spontane Liedwünsche möglich. Zu Beginn fehlten allerdings die regionalen Lieder für das Bistum Hildesheim. Mittlerweile sind sie eingespielt und alle Lieder im neuen Gotteslob stehen zur Verfügung.
Worauf sollten Gemeinden achten, wenn sie Interesse an einer automatischen Orgel haben?
Sie sollten ihr Projekt besser nicht „Karaoke-Orgel“ nennen. Das scheint viele in die Irre zu führen, ist aber für Schlagzeilen gut.
Interview: Johannes Broermann