Die Last als schwarze Glocke
Citykirche St. Michael zeigt den „Kreuzweg in 14 Stationen“ von Vanessa von Wendt
Göttingen (kpg) – Dieser Mann trägt buchstäblich die schwerste vorstellbare Last auf seinem Rücken. Tief gebeugt und auf allen Vieren drücken ihn nicht nur die schweren Balken des Kreuzes nieder, sondern ein Dutzend weiterer Balken, die bis in den Himmel zu ragen scheinen. Auf einem anderen Bild sind die Balken wieder zu sehen, dieses Mal angeordnet als endloser Weg, an dessen Anfang Jesus mit dem Kreuz steht. „Der Kreuzweg in 14 Stationen“ heißt die Ausstellung, die am Aschermittwoch in der Göttinger Citykirche St. Michael eröffnet wird und in der Fastenzeit zu sehen ist.
Gemalt hat die Bilder die erst 26-jährige Vanessa von Wendt, geboren in Göttingen. Vanessa von Wendt hat ihre Kunst von der Pike auf gelernt: Bereits als Elfjährige nahm sie Zeichenunterricht in ihrer Heimatstadt Göttingen. "Malen war einfach immer das, was ich am besten konnte", sagt sie in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung im vergangenen Jahr. Nach dem Abitur beginnt sie ein Kunststudium in Düsseldorf und schafft es bis zur Meisterschülerin bei Professor Markus Lüpertz, der zu den bekanntesten deutschen Künstlern der Gegenwart zählt. Sein Einfluss ist auch in den Bildern von Wendts zu spüren, denn für den konvertierten Katholiken, der sich während eines Studienaufenthalts im Kloster Maria Laach intensiv mit einem Kreuzigungsbild beschäftigte und dort nach eigenen Worten eine „fanatisch religiöse Zeit“ verbrachte, ist die katholische Kirche „die bildnerisch Aufregendste“.
Da die Originalbilder, Acryl auf Leinwand, zu groß gewesen wären, sind in der Kirche auf Karton aufgeklebte Fotoabzüge zu sehen. Das tut ihrer Wirkung aber keinen Abbruch. Intensiv hat sich die junge Künstlerin mit dem Thema auseinandergesetzt. „In meinen Darstellungen des Kreuzweges ist es mein wesentliches Ziel gewesen, die Last, die der Messias für uns alle getragen hat, darzustellen“, so die Katholikin von Wendt. Abstrahiert dargestellt wird diese Last vor allem durch eine dunkle fast schwarze Glocke, die über Jesus schwebt, und die nahezu jedes Bild dominiert. In starkem Kontrast dazu stehen die farbigen Balken, das intensive Rot des Blutes, des Lendentuches und des Bodens sowie das leuchtende Blau, in das Maria gehüllt ist, als sie ihren Sohn im Arm hält – die Farbe, mit der die Gottesmutter in der Kunst am häufigsten dargestellt wird. Erst auf dem letzten Bild sind Glocke und Balken verschwunden. Der Gekreuzigte liegt vor einem schwarzen Kreuz auf grauem Hintergrund – für die Künstlerin „die Ruhe des Todes“.
Die Ausstellung „Der Kreuzweg in 14 Stationen“ von Vanessa von Wendt in der Citykirche St. Michael (Kurze Straße 13) ist bis zum 30. März täglich von 8 bis 19.30 Uhr zu sehen. Offiziell eröffnet wird die Ausstellung am Aschermittwoch, 9. März, um 19.30 Uhr nach der Abendmesse von Pater Manfred Hösl SJ und Magrit Freifrau von Wendt, der Mutter der Künstlerin.