Ein sichtbares Zeichen gegen die Anonymisierung
Kirchen schaffen christliche Gemeinschaftsgrabanlage auf dem Parkfriedhof Junkerberg
Göttingen (pgu) – Auf dem Parkfriedhof Junkerberg in Göttingen haben die evangelische und die katholische Kirche in Göttingen ein christliches Gräberfeld anlegen lassen. Am 15. September, dem Tag des Friedhofs, wird es um 14 Uhr eingeweiht.
Schon auf den ersten Blick hebt sich das christliche Gräberfeld von der riesigen schlichten Rasenfläche des Stadtfriedhofs ab, auf der anonyme Bestattungen vorgenommen werden und keine Grabmale zu sehen sind: Ein spiralförmiger Weg, der an einen Bischofsstab erinnert, führt von Rosenstöcken gesäumt an den künftigen Gräbern entlang. Der Platz ist zunächst für 280 Urnengräber und 72 Erdbestattungen vorgesehen und auf bis zu 400 Grabstellen erweiterbar. 14 Sandsteinstelen – analog zu den 14 Kreuzwegstationen – wurden im Abstand von wenigen Metern in den Boden eingelassen. Auf ihnen werden künftig die Namen, die Geburts- und Todestage der Toten stehen, die in unmittelbarer Nähe der jeweiligen Stele beigesetzt werden.
Mit dem christlichen Gräberfeld will die Arbeitsgruppe „Kirche und Friedhof Göttingen“, der Vertreter der evangelisch-lutherischen, der reformierten und der katholischen Kirche angehören, ein Zeichen gegen die zunehmende Anonymisierung in der Bestattungskultur setzen, so Dechant Norbert Hübner. „In den vergangenen Jahren ist eine neue Beerdigungskultur entstanden.“ Knapp 70 Prozent aller Bestattungen in Göttingen gehe heute die Einäscherung voraus, gut die Hälfte dieser 70 Prozent würden ohne jede Kennzeichnung beigesetzt, auch ein Viertel der Erdbestattungen werde nicht mehr gekennzeichnet. „Immer mehr Menschen lassen sich anonym beerdigen, weil sie entweder keine Verwandten haben, die das Grab pflegen können, oder weil ihre Kinder zu weit weg wohnen und sie ihnen die Grabpflege nicht zumuten wollen“, sagt Hübner. Notgedrungen wählten Menschen in dieser Situation deshalb die Variante der anonymen Bestattung. „Vor Gott hat aber jeder einen Namen – auch nach dem Tod.“
Mitglieder aller Göttinger Kirchengemeinden können sich künftig auf dem christlichen Gemeinschaftsgrabfeld bestatten lassen. Auch mittellose Menschen, die häufig anonym bestattet würden, können hier eine würdige letzte Ruhe finden, auch darauf legt Hübner Wert. 159 Euro kostet eine Erdreihengrabstelle pro Jahr, 70 Euro die Urnenreihengrabstelle, inklusive aller Pflegeleistungen. 650 Euro sind zudem einmalig für die Beschriftung und den Stein zu zahlen. Der evangelisch-lutherische Kirchenkreis hat die Kosten für die Gestaltung des Feldes in Vorleistung übernommen, das Grundstück hat die Stadt Göttingen den Kirchen überlassen. Die Kosten für die Stelen, deren Beschriftung und die Grabpflege werden später auf die einzelnen Bestattungen umgelegt.