Flagge zeigen für die Freiheit

Interreligiöse Einigkeit beim Neujahrsempfang des Dekanatspastoralrates – Dechant lobt Zusammenarbeit im Dekanat

 

 

 

 

 

„Jede Art von Gewalt lehnen wir ab, die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Wir sind aufgefordert, Flagge zu zeigen“, sagte Dechant Wigbert Schwarze in St. Heinrich und Kunigunde. Er eröffnete damit den Gottesdienst zum Neujahrsempfang des Dekanatspastoralrats. Sowohl seine Predigt als auch die Ansprache der zweiten Vorsitzenden des Dekanatspastoralrats, Dr. Corinna Morys-Wortmann, sowie die Grußworte von Oberbürgermeister Rolf Köhler und der Vertreter anderer Religionen standen unter dem Eindruck der Attentate in Paris.

„Wir setzen auf Mitmenschlichkeit, Fanatismus wird in Göttingen keinen Platz finden“, sagte Köhler. Krieg schaffe nicht Frieden, sondern nur Sieger und Verlierer. „Wenn wir nicht lernen, gemeinsam Verständnis zu entwickeln, ist Frieden nicht selbstverständlich“, sagte der Oberbürgermeister.

Imam Oguz Akdemir von der Türkisch-Islamischen Gemeinde sagte, der Anschlag sei nicht nur ein Angriff auf die Mitarbeiter einer Zeitung gewesen, sondern ein Anschlag auf die ganze Menschheit: „Es hat uns alle schockiert! Dass Menschen sterben mussten, kann nicht mit Religion begründet werden.“ Die Vertreterin der jüdischen Gemeinden, Eva Tichauer Moritz, betonte, die Attentate seien eine Kriegserklärung an die Freiheit. Sie forderte die Zuhörer zum Handeln auf und ließ Zettel für Aktionsvorschläge verteilen: „Warten Sie nicht, tun Sie auch etwas!“ Friedrich Selter, Superintendent des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises, fragte: „Wie können Menschen im Namen ihres Gottes Trauer verbreiten?“

Zuvor hatte Dechant Schwarze erklärt, dass kein Mensch das Recht habe, im Namen der Religion Gewalt zu predigen und anzuwenden. Außerdem machte er darauf aufmerksam, dass Deutschland ein Zuwanderungsland sein müsse: „Es gibt keine Ausländer, sondern nur Menschen, die wir nicht kennen.“ Jede Religion solle dazu beitragen, dass Menschen das Recht haben, ihre Freiheit zu leben. Oberbürgermeister Köhler appellierte an die Willkommenskultur in Göttingen: „Es ist kein Immobilienwertverlust, wenn ein Flüchtlingsheim in der Nachbarschaft entsteht, es ist ein gesellschaftlicher Zugewinn.“

Im Rückblick auf das vergangene Jahr hob Morys-Wortmann lobend hervor, dass das Bistum sich in vielen Dingen auf den Weg gemacht habe: „Die Gemeinden und das ganze Bistum befinden sich in einem Entwicklungsprozess, in dem immer mehr neue Mitwirkungsmöglichkeiten entwickelt werden. Die Übernahme von weiterer Verantwortung für die Gemeinden von und durch Laien wird ausgelotet und erprobt.“ Dechant Wigbert Schwarze dankte Dr. Corinna Morys-Wortmann für die gute Zusammenarbeit: „Als Zweierteam an der Spitze des Dekanatspastoralrats sind wir im Bistum in dieser Form einzigartig.“