„Gut, dass wir im Hintergrund bereit stehen“
Als katholischer Landespolizeiseelsorger hat Torsten Thiel zusammen mit seinem evangelischen Kollegen Frank Waterstraat die Bombenentschärfung in Göttingen im Stab der Polizei erlebt.
- Herr Thiel, welche Eindrücke nehmen Sie vom Tag der Bombenentschärfung mit?
Ich war ab 6 Uhr morgens in Bereitschaft und ab 10 Uhr im Dienst. Mit Frank Waterstraat habe ich die Einsatzhundertschaften besucht. Am beeindruckendsten war es, die Bombenentschärfung direkt live im Stab der Polizei mitzuerleben. Als die Nachricht kam, dass es bei der vierten Bombe technische Probleme gibt, wurde es sehr, sehr still. Alle haben sich große Sorgen gemacht. Schon den Tag über war deutlich geworden, dass viele Kolleginnen und Kollegen das Unglück vor knapp elf Jahren miterlebt hatten.
- Wie äußerte sich das?
In Gesprächen erinnerten sich viele mit mir sehr genau, wann und wo wir uns damals gesehen und gesprochen hatten. Das machte spürbar, wie Ereignisse nachwirken und im kollektiven Gedächtnis hängen bleiben. Am Ende gab es diesmal glücklicherweise ein riesiges Aufatmen, vorher hatte allen der Atem gestockt. Es war auch deswegen ein außergewöhnlicher Einsatz, weil vier Säurezünder-Blindgänger auf so engem Raum lagen.
- Wenn Sie den aktuellen Einsatz mit dem damaligen vergleichen, was hat sich verändert?
Als Seelsorger werden wir mit einer viel größeren Selbstverständlichkeit beteiligt. 2010 war ich, bevor es zur unkontrollierten Explosion mit drei Toten kam, als Notfallseelsorger in einem Evakuierungszentrum und wurde gefragt, was ich denn da wolle. Das war diesmal anders. Uns wurde signalisiert, es sei gut, dass wir im Hintergrund bereit stehen. Auch der ökumenische Einsatz von 20 Notfallseelsorgenden wurde positiv gewürdigt.
Gespräch: Johannes Broermann