Mehr als „nur Pfarrer“
Pater Heribert Graab verlässt Göttingen nach 22 Jahren
Göttingen (kpg) – „Ich wollte nie ‚nur Pfarrer’ sein“, sagt Pater Heribert Graab. Aber 22 Jahre lang war er auch das: Pfarrer der Gemeinde St. Michael im Herzen von Göttingen. Am 15. Juni verabschiedet sich der 75-jährige Jesuit in den Ruhestand.
„Bevor ich mich entschieden habe, nach Göttingen in eine Pfarrei zu gehen, habe ich mich hier ganz genau umgeschaut“, erinnert sich Graab. Danach war es für den damals 53-Jährigen schnell klar: In Göttingen war er richtig.
Von Anfang an hat er sich eingemischt und sich eingesetzt für die Schwächeren der Gesellschaft: zunächst in der Flüchtlings- und Asylarbeit – „wir haben etliche in unserer Kirche untergebracht“ – später mit dem Mittagstisch von St. Michael, der im September volljährig wird. „Es ist eine alte Tradition, dass Bedürftige an Klostertüren klopfen“, so Graab. In Zusammenarbeit mit einem Imbiss in der Kurzen Straße verteilte er Essensgutscheine, weil er nicht wollte, dass die Obdachlosen die kleinen Spenden in Alkohol umsetzten. Ende der 80er Jahre kaufte dann das Bistum Hildesheim ein Gebäude in der Turmstraße, um so den Bau einer Discothek zu verhindern. Das leerstehende Haus brachte ihn auf die Idee für den Mittagstisch, der am 1. September 1990 eröffnet wurde. „Das war eine Fügung Gottes“, sagt Graab heute. Heute bekommen dort bis zu 80 Menschen täglich eine Mahlzeit und – das ist für ihn fast genau so wichtig – ein gutes Wort.
Kommunikation war und ist auch der Dreh- und Angelpunkt seines wichtigsten Arbeitsbereiches neben der Gemeindearbeit: der City- und Passantenpastoral. Gespräche führen mit Menschen, die in die katholische Kirche ein- oder wieder eintreten möchten, gehört dazu, genau so wie Stadtführungen unter spirituellem Aspekt und – das ist ihm ebenso wichtig – die geöffnete Kirche. Erst nach 22 Uhr schließt Graab die Türen von St. Michael. Bis dahin kommen „Menschen aller Couleur“: Katholiken genau so wie Nicht-Christen, manche wollen verschnaufen, andere suchen die Stille, wieder andere schauen sich die Krippe an, die in St. Michael vom 1. Advent bis zum Pfingstfest das Kirchenjahr dokumentiert.
Der Citypastoral will Graab auch nach seinem Abschied treu bleiben. Dann allerdings in Köln. 20 Jahre hat er dort verbracht, bis heute hat er Freunde in der Stadt. Und so kann er „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ gehen. Wenn er auch noch nicht genau weiß, was auf ihn zukommt, eines ist sicher: „Natürlich werde ich nicht Däumchen drehen.“ Dazu ist einer wie Heribert Graab auch gar nicht fähig.
Pater Heribert Graab wurde am 18. März 1933 in Krefeld am Niederrhein geboren. Nach seinem Abitur trat er 1953 in den Jesuitenorden ein. Von 1956 bis 1959 studierte Graab Philosophie an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in Pullach bei München. Nach einem pädagogischen Praktikum schloss sich 1961 ein vierjähriges Theologiestudium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt an. Am 28. August 1964 wurde Graab im Frankfurter Kaiserdom zum Priester geweiht. Bevor er 1986 als Pfarrer der Gemeinde St. Michael nach Göttingen kam, lebte er 20 Jahre in Köln. Hier war er unter anderem Schülerreferent des Erzbistums Köln und Leiter eines Schülerzentrums der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ). Nach Köln wird er nach seiner Verabschiedung in den Ruhestand zurückkehren.
Hinweis: Pater Heribert Graab verabschiedet sich am Sonntag, 15. Juni, mit einem Gottesdienst um 10 Uhr in St. Michael (Kurze Straße) von seiner Pfarrgemeinde. Anschließend ist ein Empfang geplant. Sein Nachfolger, Pater Manfred Hösl, wird zwei Wochen später, am Sonntag, 29. Juni 2008, mit einem Gottesdienst um 11.30 Uhr in sein Amt als neuer Pfarrer von St. Michael eingeführt.